Hedge Funds oder Hedge Fonds? – Finanztexte «von Insidern für Insider»
von Mayra Viejo
Lisa Sturzenegger ist gleich in zwei Fachgebieten tätig, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Finanzen und Leichte Sprache. Im untenstehenden Interview verrät sie Ihnen, was sie tagtäglich tut, was sie an beiden Bereichen schätzt und wie kreativ sie dafür sein muss – oder sollte.
Lisa, du erstellst Fachübersetzungen im Bereich Finanzen. Mit welchen Herausforderungen wirst du dabei konfrontiert?
Texte aus dem Finanzbereich sind meistens sehr fachspezifisch und verlangen viel Hintergrundwissen, da sie «von Insidern für Insider» geschrieben werden. Fachbegriffe und Abkürzungen werden daher selten erklärt. Hinzu kommt, dass die Fachsprache nicht immer einheitlich ist. Manche sprechen von Anleihen, andere von Obligationen, manche von Hedge Funds, andere wiederum von Hedge Fonds. Ganz zu schweigen von den unterschiedlichen Handhabungen der Bindestrich-Regeln (oder doch eher Bindestrichregeln?). CAT-Tools sind bei der Arbeit zwar sehr hilfreich, bieten aber keine Garantie für fehlerfreie Texte.
Eine weitere Herausforderung ist die schiere Grösse des Fachgebiets. Finanzen sind nicht gleich Finanzen. Wenn ich einen Text aus dem Bereich der Vermögensanlage übersetze, bewege ich mich in einem völlig anderen Bereich als bei einem Jahresbericht eines Unternehmens. Bevor ich einen Auftrag annehme, muss ich mir die Texte daher genau anschauen, damit ich beurteilen kann, ob ich über die notwendige Fachkompetenz verfüge.
Neben dem Finanzbereich arbeitest du als Übersetzerin für die Leichte Sprache. Was heisst das konkret?
Die Idee der Leichten Sprache ist, dass möglichst viele Menschen Texte selbstständig lesen und verstehen. Sie richtet sich in erster Linie an Menschen mit Behinderung und/oder mit Migrationshintergrund. Es gibt allerdings auch unzählige Gebiete, in denen die Leichte Sprache für ein breiteres Publikum eingesetzt wird. Meine Aufträge sind sehr unterschiedlich und reichen von Reglementen von Institutionen für Menschen mit Behinderung über Informationen zur Einbürgerung bis hin zu rechtlichen Rahmenbedingungen von Pensionskassen.
Einen Text in die Leichte Sprache zu übertragen hat allerdings mit der klassischen Übersetzungsarbeit nur bedingt etwas zu tun. Die Inhalte werden nämlich neu strukturiert, die Sätze neu formuliert und das Layout entsprechend angepasst. Ich fühle mich in dieser Hinsicht weniger als Übersetzerin, sondern vielmehr als Redaktorin.
Finanzen und Leichte Sprache: Das scheinen zwei sehr unterschiedliche Fachgebiete zu sein. Wie bist du dazu gekommen, in diesen Bereichen zu übersetzen?
Ich arbeite schon lange in der Finanzbranche. Als ich mich dazu entschied, nebenberuflich als selbstständige Übersetzerin zu arbeiten, war es daher naheliegend, dass ich mich auf dieses Fachgebiet konzentriere. Zur Leichten Sprache bin ich hingegen eher zufällig über ein Jobinserat des Büros für Leichte Sprache von Pro Infirmis Zürich gestossen.
Die Herangehensweisen in diesen zwei Gebieten sind in der Tat sehr gegensätzlich: Während bei klassischen Übersetzungen aus dem Finanzwesen die Einhaltung der fachspezifischen Terminologie im Vordergrund steht, geht es bei der Leichten Sprache darum, Fachbegriffe entweder zu vermeiden oder auf verständliche Weise zu erklären. Der Spielraum ist viel grösser. Das macht mir grossen Spass, braucht aber auch eine gehörige Portion Kreativität. Und wie es mit der Kreativität halt so ist: Wenn sie nicht will, dann will sie nicht. In solchen Momenten übersetze ich lieber einen Geschäftsbericht.
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