«Ich bringe dem Roboter bei, was er zu sagen hat»
von Mayra Viejo
Selten kümmert sich ein Übersetzer nur um die Übersetzung von Texten. Er pflegt Terminologiedatenbanken, bildet sich weiter oder trainiert sogar einen Textroboter. Das trifft ziemlich genau auf unseren heutigen Interviewkandidaten, Daniele Giulianelli, zu.
Daniele, du hast Philosophie studiert und bist eigentlich das, was man einen Quereinsteiger in der Sprachdienstleistungsbranche nennt. Warum hast du dich für eine Übersetzerkarriere entschieden?
Sprachen sind meine grosse Leidenschaft, und Übersetzen hat mich schon zu Schulzeiten interessiert. Damals habe ich mit grosser Freude die Interviews meiner Lieblingsbands für Fanmagazine ins Italienische übersetzt. Während des Studiums habe ich das dann als Nebenjob gemacht und eine breite Palette abgedeckt: vom Übersetzen von Bedienungsanleitungen über akademische Essays bis hin zu Post-Editing.
Mit der Zeit habe ich die Sprachdienstleistungsbranche immer besser kennengelernt und gedacht: Das will ich, in diesem Bereich möchte ich wachsen, lernen und mich entfalten, weil es so viele Möglichkeiten für spannende Arbeiten und Projekte gibt. Ich bereue diese Entscheidung bis heute nicht.
Du übersetzt von Italienisch auf Deutsch und vice versa. Was waren bisher deine spannendsten Projekte?
Schriftlich übersetze ich meistens in meine Muttersprache Italienisch, aber Dolmetschen macht mir mindestens genauso viel Spass, denn dann ist auch Deutsch Zielsprache. Grosse internationale Events aus der Kabine mitzuerleben, gehört auf jeden Fall zu den spannendsten Aufträgen. Da braucht es absolute Konzentration, und es ist fast so, als würde man selbst auf der Bühne stehen.
Als «Schreibtischarbeit» hingegen finde ich SEO-Übersetzungen und Keyword-Lokalisierungen unheimlich interessant. Ich durfte bei einem umfangreichen Projekt für einen Grosskonzern mitwirken und habe mich dabei zwischen Linguistik, Marketing und IT bewegt. Als Quereinsteiger arbeite ich sehr gerne in solchen «Zwischenwelten» und bilde mich deshalb in vielen verwandten (Teil-)Gebieten weiter, wie etwa SEO, Schreiben fürs Web und andere.
Du hast auch eine Ausbildung zum Terminologie-Experten absolviert. Aus welchen Gründen hast du dich dazu entschieden? Und aus aktuellem Anlass: Beschäftigst du dich auch mit der Terminologie-Integration?
Terminologie und Terminologiearbeit spielen eine grosse Rolle, sowohl in meiner Tätigkeit als Übersetzer als auch in meiner Weiterbildung. Das Interesse für diese spannende Disziplin ist entstanden, als ich in einem Übersetzungsbüro für verschiedene Kunden mehrsprachige Glossare angelegt und gepflegt habe. Für mich ist Terminologie eine schöne Denkarbeit, die sehr genaue und klare Übersetzungen mit einheitlichem Wording und Stil erlaubt. Ausserdem hat man als Quereinsteiger oft das Bedürfnis, die Grundlagen weiter zu vertiefen. Dadurch konnte ich auch modernere Anwendungen wie die Terminologie-Integration kennenlernen. Ich selbst habe zwar noch nicht damit gearbeitet, aber ich finde das Thema unheimlich spannend und bin mir sicher, dass sich irgendwann die Gelegenheit dazu bieten wird.
Du arbeitest als Übersetzer für die Firma uNaice, die sogenannte Textroboter anbietet. Was muss man sich darunter vorstellen? Und kommst du als Übersetzer auch mit solchen automatisch erstellten Texten in Berührung?
Es war in der Tat ein echter Glücksgriff, uNaice kennenzulernen. Das Familienunternehmen realisiert Projekte, die wirklich einen Blick in die Zukunft der Content-Branche ermöglichen. Als Übersetzer komme ich natürlich nicht nur mit den automatisch erstellten Texten in Berührung, vielmehr arbeite ich quasi selbst mit dem Textroboter und bringe ihm bei, was er im jeweiligen Projekt zu sagen hat. Als Übersetzer stellt man sich der Herausforderung, von der deutschen Syntax auszugehen und diese mathematische Struktur möglichst flexibel zu gestalten, damit sie im Italienischen natürlich klingt und am Ende einen zusammenhängenden Text ergibt.
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