Professionelle MÜ: mehr als blosse Automation

by Helena Stamatovic

In unserem ersten MÜ-Artikel haben wir den Unterschied zwischen dem zweckmässigen und dem professionellen MÜ-Einsatz erläutert. Zweckmässige MÜ mit Tools wie dem Google Übersetzer oder DeepL steht auf Knopfdruck zur Verfügung und ist als Arbeitsunterstützung zu verstehen. Demgegenüber bedarf die Einführung professioneller MÜ einer eingehenden Evaluations- und Vorbereitungsphase – wie jedes andere System auch. Nur so kann den hohen Qualitäts-, Sicherheits- und Servicestandards Rechnung getragen werden. Warum dem so ist, wird vom Traducteur provocateur im «Der Vereinfacher» auf spielerische Weise erklärt – dahinter steckt aber noch viel mehr.

MÜ als Puzzleteil im Gesamtprozess

Obwohl die Fortschritte auf dem Gebiet der MÜ bedeutend und beachtenswert sind, ist die Technologie noch weit davon entfernt, den Menschen vollständig zu ersetzen. Deshalb ist MÜ am gewinnbringendsten, wenn sie als zusätzliches «Puzzleteil» in bestehende Sprachprozesse integriert wird. In anderen Worten: Erst die Interaktion von Mensch, Maschine und existierenden Datenbeständen ermöglicht die erhoffte Produktivitätssteigerung und Kostenminimierung bei gleichbleibender Textqualität.

Die Gründe dafür sind auf die sprachlichen Grenzen von MÜ zurückzuführen, denn es gibt noch Vieles, das nach wie vor nur vom Menschen bzw. unter Aufsicht eines professionellen Linguisten korrekt übersetzt werden kann. So sind orthografische Fehler wie etwa falsch getrennte Wörter oder eine inkorrekte Zeichensetzung keine Seltenheit, aber auch Auslassungen, die Übernahme von Fehlern und Inkonsistenzen sowie nicht übersetzte Abkürzungen gehören zu den Eigenschaften von maschinell übersetzten Texten. Deshalb empfiehlt es sich, MÜ so in den Übersetzungsprozess einzubetten, dass die eingangs erwähnte Interaktion mit Mensch und Daten stattfinden kann.

Herausfinden, was MÜ nicht kann

Um zu eruieren, ob und in welchen Bereichen MÜ in Ihrem Unternehmen Unterstützung bietet und inwiefern sich diese in bestehende Übersetzungsprozesse integrieren lässt, ist es von Vorteil, in einem ersten Schritt zu ermitteln, was MÜ nicht kann. Fragen Sie sich zum Beispiel, was Sie ganz grundsätzlich von einem humanen Übersetzer erwarten würden:

Vermutlich würden Sie von ihm verlangen, dass er seine Arbeitssprache(n) perfekt beherrscht und sich auf Ihrem Fachgebiet auskennt. Dass er Kontext, Abkürzungen und feine Sprachnuancen versteht und entsprechend in die Zielsprache überträgt. Dass er Fehler im Originaltext erkennt, Sie womöglich darüber informiert und diese nicht mitübersetzt. Dass er Ihre Unternehmenssprache, Ihre Terminologie und Ihre Stilvorgaben einhält. Dass er Ihre Vertraulichkeits- und Sicherheitsrichtlinien beachtet. Dass er mit einem kompatiblen System arbeitet und Ihre Datenbestände pflegt… die Liste kann unter Umständen sehr lang sein.

Dieser Anforderungskatalog wird es Ihnen jedoch erlauben, eventuelle Lücken zu erkennen und zu schliessen, um für Ihr Unternehmen den grössten Nutzen aus dem Einsatz von MÜ herauszuholen.

Die Lücken schliessen: Ein Beispiel

Auf der Basis Ihrer Anforderungen können Sie nun entscheiden, welche Massnahmen rund um die Einführung eines professionellen MÜ-Systems zu treffen sind. Wenn Sie beispielsweise eine offizielle Unternehmenssprache definiert haben und eine Terminologiedatenbank pflegen, müssen Sie klären, inwiefern diese Regeln und Daten in das MÜ-System integriert werden können und wie lernfähig («trainierbar») ein bestimmtes MÜ-System ist.

Auch dürfte eine vorgängige Kontrolle und Anpassung der zu übersetzenden Ausgangstexte sinnvoll sein (z. B. durch das so genannte Pre-Editing), um den Text für die Maschine «fit» zu machen. Definitiv empfehlenswert wäre in diesem Fall jedoch die Nachbearbeitung der maschinell erstellten Übersetzung (das so genannte Post-Editing), denn nur so kann sichergestellt werden, dass Ihre Corporate Language und Terminologie in der jeweiligen Zielsprache korrekt und konsistent verwendet werden.

Ein Muss: die Prozessanalyse

Das oben erwähnte Beispiel zeigt nur einige der zahlreichen Faktoren, die bei der MÜ-Frage zu beachten sind. Dies ist unter anderem der Grund, weshalb der Schritt in Richtung MÜ-Evaluierung viele Entscheidungsträger häufig grosse Überwindung kostet, was wiederum die Argumentation in puncto Anschaffungs- und Implementierungsaufwand vs. Sparpotenzial und Nutzen erschwert. Ein systematisches Vorgehen sowie eine genaue Analyse des Ist-Zustands erweisen sich deshalb als unverzichtbar. Welche Aspekte und Akteure dabei berücksichtigt werden sollten, erfahren Sie in den nächsten Artikeln unserer MÜ-Reihe.

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